Ein Sprung ins kalte Wasser
Als im Herbst 2019 klar war, dass wir ein Baby erwarten und gemeinsame Elternzeit nehmen würden, waren wir uns auch relativ schnell sicher, dass wir in dieser Zeit gemeinsam verreisen wollen. Gerne auch mit einem Wohnmobil. Dafür hatten Filme wie Weit – eine Reise um die Welt oder Expedition Happiness einfach zu sehr unser Fernweh und unseren Abenteuergeist geweckt. Außerdem hatten einige Freunde vor uns ihre Elternzeiten ebenfalls für (meistens deutlich kürzere) Reisen genutzt. So entstand die Idee für unsere dreimonatige Elternzeit mit dem Wohnmobil in Norwegen.
Mit einem Wohnmobil waren wir noch nie zuvor unterwegs. In Norwegen war Luise das letzte Mal im Alter von 3 Jahren, Christian noch nie. Es war also alles Neuland für uns. Neben der Tatsache, dass wir auch zum ersten Mal Eltern geworden sind und auch das natürlich auch mit vielen offenen Fragen und Unsicherheiten einherging… Und trotzdem haben wir keinen Moment an unserer Entscheidung gezweifelt – zu schön war die Vorstellung und zu groß die Vorfreude. Wir versuchen eigentlich immer, Gelegenheiten zu nutzen, wenn sie sich bieten und nicht zu viel Angst und Bedenken zu haben. Und das war wohl so eine Gelegenheit. Unsere Eltern hingegen waren ein bisschen besorgt, aber das dürfen sie ja auch 🙂
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Wir vermeiden beide gerne hochsommerliche Temperaturen oberhalb der 30 Grad, deswegen war auch schnell klar, dass es nach Norden gehen soll. Und da Norwegen für Reisen mit dem Wohnmobil einfach so unfassbar praktisch ist und wir auch nicht so bald wieder so viel Zeit haben würden, ein so weitläufiges Land länger zu bereisen, fiel uns diese Entscheidung relativ leicht.
Vorfreude, Chaos und noch viel Recherche
Als wir angefangen haben unsere Elternzeit mit dem Wohnmobil in Norwegen zu planen, war von Corona noch keine Rede und so haben uns als erstes ein Wohnmobil gekauft! Verrückt. Das war mit Abstand der preisintensivste Kauf, den wir beide bisher gemacht haben. Dementsprechend groß war die Aufregung. Die wurde nicht kleiner, als dank Corona die Automobil-Werke in Europa zeitweise stillgelegt wurden und wir lange gar nicht wussten, ob und wann das Auto kommt. Zum Glück hat sich aber alles zum Guten gefügt…
Zudem hat sich unser Sohn mit seiner Ankunft noch ganz schön Zeit gelassen. Von daher passte es gut, dass auch „Karl“, wie wir unsere VW Grand California später nennen würden, etwas später kam. Warum und wieso wir uns für genau dieses Auto entschieden haben und welche Ausstattung wir gewählt haben, findet ihr in unserem Erfahrungsbericht Volkswagen Grand California 600.
Wie haben wir uns auf die Elternzeit-Reise vorbereitet?
Es gab so unfassbar viele Fragen zu beantworten, welche uns zeitweise sehr gefordert haben. Was brauchen wir außer einem Auto noch an „Zubehör“? Was benötigen wir an Kleidung sowie Utensilien im Wohnmobil für unseren Sohn und uns? Wie gestalten wir die Nahrungsversorgung unterwegs möglichst günstig? Wo wollen wir genau hin und wie kommen wir überhaupt nach Norwegen? Werden sich die Corona-Bestimmungen im laufe unserer Reise ändern? Was gibt es sonst noch zu wissen zum Reiseland Norwegen? Wie ist beispielsweise das Wetter Ende September auf den Lofoten?
Letztlich haben wir für unsere Vorbereitung auf unsere Elternzeitreise viele Blogs gelesen. Einerseits alles zum Thema Norwegen – da allen voran natürlich diesen hier und auch viel zum Thema Reisen mit Kind. Wir hatten ja nicht einmal von Kindersitzen Ahnung, geschweige denn wussten wir, was es trotz Isofix-Halterung in einem Wohnmobil für Besonderheiten mit Baby gibt. Christian hatte beispielsweise schon vor unserer ersten Testfahrt einen Rausfallschutz für unseren Kleinen gebaut. Den brauchten wir aber erst gegen Ende der Reise.
Für die Routenplanung haben wir uns zusätzlich einen Lonely Planet Reiseführer gekauft. Anschließend haben wir alles was uns interessant erschien auf Google Maps markiert. Unterwegs haben wir dann entschieden, was wir uns davon genau anschauen wollen und in welcher Reihenfolge.
Die letzte Woche vor unserer Abreise war das reinste Chaos, organisatorisch und vor allem bei Luise auch emotional. Unter anderem weil unser Camper noch in der Werkstatt war, um das Bearlock-System als Diebstahlschutz verbauen zu lassen.
In der Zeit konnten wir schlicht nichts einräumen oder ausmessen. „Netto“ hatten wir also 5 Tage Zeit, um das komplette Auto zu packen. Und das mit einem damals 9 Wochen alten Säugling und einem senilen Hundeopa an der Backe 🙂 Das würden wir das nächste Mal sicher anders organisieren, aber hinterher ist man ja immer schlauer.
Unsere Elternzeit-Reise mit dem Wohnmobil in Norwegen rückt näher
Im Grunde genommen waren wir bei der Planung unserer Abfahrt recht flexibel – hatten aber für einen einwöchigen Test bereits einige Verabredungen getroffen. Wir wollten gerne noch diese „Testfahrt“ machen, um unser Auto besser kennenzulernen. In dieser Woche wollten wir den Alltag im Wohnmobil erleben. Außerdem wollten wir erfahren, was wir wirklich an Zubehör brauchen und was nicht unbedingt benötigt wird.
Diese Testfahrt führte schließlich zu Luises Familie und zu einigen Freunden. So eine Testwoche ist ganz nebenbei eine sehr empfehlenswerte Sache, vor allem wenn man noch mit dem Wohnmobil unterwegs war und somit keine Erfahrung hat.
Unsere zweite „finale“ Abfahrt auf dem Weg nach Norden war dadurch schon etwas weniger stressig. Da wir unsere Fähre bereits gebucht hatten, stand unser Abreisetag so ziemlich fest. Außerdem wollten wir auf dem Weg zur Fähre noch liebe Freunde besuchen. Die Fährüberfahrt war einer der ganz wenigen „Termine“ in diesem insgesamt reichlichen halben Jahr gemeinsamen Elternzeit. Im Herbst zog es uns außerdem noch mit „Karl“ nach Italien.
„Papierkram“ und die Organisation im Vorfeld einer Elternzeitreise mit dem Wohnmobil
Alles mit dem Kinderarzt klären…
Tatsächlich werden wir sehr häufig gefragt, wie wir das mit den Untersuchungen beim Kinderarzt für unseren Sohn gemacht haben. Nun, wir haben das Glück, einen sehr entspannten Kinderarzt zu haben. Dem haben wir die Situation erklärt und er fand unser Vorhaben unsere Elternzeit mit dem Wohnmobil in Norwegen zu verbringen ziemlich toll und unterstützte uns sogar. Wir waren kurz vor Abfahrt nochmal bei ihm und dann gleich wieder in unserer „Zu-Hause-Pause“ zwischen den Reisen nach Norwegen und Italien. Das war für uns und den Kinderarzt so völlig in Ordnung.
Die U-Untersuchungen haben sich einfach ein bisschen nach vorn und hinten verschoben. Auch wenn wir sonst nicht so die Paragraphenreiter sind, ist es vielleicht noch gut zu wissen, dass aus unserer Sicht die U-Untersuchungen auf jeden Fall sinnvoll sind. Daher nutzen wir dieses Angebot auch sehr gern. Bei uns in Niedersachsen und auch in anderen Bundesländern sind diese Untersuchungen allerdings auch nicht gesetzlich verpflichtend. Es kann einen also niemand zwingen, da hinzugehen.
Unsere Hebamme hat uns vor Abreise noch einige homöopathische Mittel für unseren Sohn empfohlen, die wir sicherheitshalber auch dabeihatten. Gegen Fieber (was bei manchen Babys auftritt, wenn die Zähnchen kommen) und eine Creme, wenn er doch mal einen Mückenstich abbekommen sollte. Haben wir aber beides nicht gebraucht. Wenn etwas Ernsteres gewesen wäre – was dankenswerterweise nicht eingetreten ist – wären wir natürlich auch vor Ort zu einem Kinderarzt gegangen.
Es ist ja im Internet-Zeitalter kein Problem mehr, die entsprechenden Infos zu bekommen. Bei Beiden – unserer Hebamme und unserem Kinderarzt – hätten wir auch die Möglichkeit gehabt jederzeit anzurufen, wenn wir uns bei etwas unsicher gewesen wären. Auch das mussten wir dankenswerterweise nicht in Anspruch nehmen. Es war aber ein gutes Gefühl, das so abgesprochen zu haben.
Stress mit dem Kinderpass auf der Elternzeitreise
Eine tatsächlich größere Herausforderung war hingegen der Kinderreisepass. Auf dem Foto dafür, sollte unser Sohn nämlich die Augen offen haben und in die Kamera schauen. Sobald wir ihn ins Tragetuch gepackt haben um einige Schritte zu einem nahegelegenen Fotostudio zu gehen, ist er immer eingeschlafen, egal zu welcher Tageszeit wir das probiert haben. Vor Ort war er dann auch leider nicht wach zu bekommen.
Nach einigen Versuchen haben wir aufgegeben und uns mit dem Fotostudio geeinigt, dass wir zu Hause ein Foto machen. Dieses haben wir ins Fotostudio geschickt und dort wurde es im Passbild-Format ausdruckt. Gesagt, getan. Darauf sieht unser Sohn zwar aus wie ein 9 Wochen alter Schwerverbrecher, aber wenigstens konnten wir nun sicher nach Norwegen einreisen. Immerhin können Kinderreisepässe bei uns direkt im Bürgeramt ausgestellt werden und es gibt nicht die sonst üblichen Bearbeitungszeiten.
Krankenversicherung
Ebenso ein Thema für Langzeit-Reisende ist die Auslandskrankenversicherung. Damit haben wir uns eine Weile beschäftigt und uns letztlich für die Allianz entschieden. Schön war dabei, dass wir relativ spontan entscheiden konnten, wie lange wir noch unterwegs sein wollen und dann weiter verlängert haben. Das geht sicher auch bei anderen Versicherungen, darüber gibt es ja bereits einige Artikel und Vergleichsportale*.
Das norwegische Maut-System
Ein ganz anderes Thema haben wir (leider) erst in Norwegen entdeckt: Wenn man so wie wir eine längere Zeit in Norwegen ist, lohnt es, sich ein kleines Gerät zur digitalen Abrechnung von Mautstraßen und Fähren anzuschaffen. Mehr dazu findest du hier im Beitrag zur Maut von Conny und Sirko. Das ist nicht nur praktischer, sondern vor allem deutlich günstiger. Schade ist, dass es sehr kompliziert ist, den Transporter zur Mauterfassung vor Ort in Norwegen zu bekommen. Nach Vertragsabschluss wird das Gerät nämlich normalerweise nach Hause geliefert. Dieses Thema ist uns bei unserer Recherche irgendwie durch die Lappen gegangen. Was vielleicht aber auch daran liegt, dass nicht so viele Reisende so lange unterwegs sind, dass sich das in jedem Fall lohnt.
Einreise mit Hund nach Norwegen
Zu guter Letzt mussten wir uns noch um unseren Hundeopi kümmern. Norwegen hat relativ strikte Bestimmungen für die Einreise von Hunden, weswegen wir in der Nähe von Flensburg noch zum Tierarzt mussten, damit dieser unserem Hundeopa noch ein bestimmtes Wurm-Mittel verabreicht. Die Details kann man gut im Internet herausfinden – das würde jetzt hier zu weit führen.
Also ja, es gibt einiges zu organisieren, unterm Strich war das aber weniger und auch letztlich entspannter, als wir zuerst angenommen hatten.
Auf dem Landweg oder mit der Fähre nach Norwegen
Einige Gedanken noch zur Entscheidung für die Fährüberfahrt: Grundsätzlich hätten wir den Weg über die Öresundbrücke und Schweden bevorzugt. Leider durfte man zu der Zeit wegen Corona nicht von Schweden nach Norwegen einreisen. Deswegen war die Anreise mit einer der Fähren die einzige Möglichkeit, nach Norwegen zu kommen. Mit Baby und Hund haben wir es im Laufe der Reise als sehr wertvoll erachtet, nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt irgendwo sein zu müssen.
Auch ein ständiger Zugang zum Auto ist mit Baby etwas sehr Wertvolles, weil irgendwo an Bord einer Fähre zu stillen und zu wickeln einfach immer ein bisschen mehr Stress ist, als im bekannten Umfeld im Auto. Dazu kommt, dass unser Sohn – wie viele Babys – in den ersten Wochen und Monaten ziemlich intensive abendliche Schreianfälle hatte – zu Hause konnten wir die Uhr danach stellen, dass es zwischen 20 Uhr und 20:30 Uhr losging. Unsere Fähre ging ausgerechnet um 20:30 Uhr und wir haben uns schon mit einem brüllenden Baby an Bord gesehen. Aus irgendwelchen Gründen hat er – dankenswerterweise – fast die komplette Fährüberfahrt verschlafen. Das ist also nochmal gutgegangen, hat uns im Vorhinein aber durchaus Sorge bereitet.
Elternzeit mit dem Wohnmobil in Norwegen – Unser Traum wird wirklich wahr
Während der letzten Stunden der Vorbereitung und des Packens zu Hause waren wir uns einig, dass es nicht darum geht, wie weit wir heute fahren. Wichtig war, die Wohnungstür von außen zuzuschließen und unser Viertel zu verlassen… Das haben wir dann auch irgendwie geschafft und waren erfüllt von Aufregung, abnehmendem Vorbereitungs-Stress und Neugier auf alles, was da jetzt wohl kommen würde.
Es fühlte sich sehr surreal an, dass wir nun (für uns beide zum ersten Mal) wirklich für längere Zeit in einem Wohnmobil „wohnen“ und die Welt erkunden würden. So ähnlich, wie wir es in einigen Filmen schon gesehen hatten. Und plötzlich sind wir selbst diese Menschen, die nun unterwegs sein werden – mit dem Wohnmobil in der Elternzeit in Norwegen….
In dem folgenden, zweiten Teil dieser Beitragsreihe berichte ich von unseren Erfahrungen, Erlebnissen und den Highlights auf unserer Elternzeitreise bis auf die Lofoten in Norwegen.
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