Gastbeitrag Schweden Highlights

Jämtland – der wilde Westen Schwedens südlich von Lappland

Über 10 Jahre hat es Franzi immer wieder auf Entdeckungsreise nach Schweden verschlagen. Im Sommer 2016 wagte sie dann gemeinsam mit ihrer Familie den großen Schritt und fand ihr neues Basislager im südschwedischen Skåne.

Franzis Herz schlägt allerdings am höchsten für die Region Jämtland, den wilden Nordwesten von Schweden.

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Im Nordlandblog entführt uns die Auswanderin in die schwedische Wildnis, und berichtet uns exklusiv, warum man nicht unbedingt den Polarkreis überqueren muss, um eine Reise voller nordischer Abenteuer zu erleben….

Ferien in Schweden

Ein Urlaub in Schweden bedeutet für viele ein Sommer im verträumten Småland mit seinen traditionellen roten Holzhäusern, Elch-Safaris in den endlosen Wäldern und einem erfrischenden Sprung vom Holzsteg in den glasklaren See. Andere bevorzugen das magische Erlebnis des Nordlichts oberhalb des Polarkreises im arktischen Winter, vielleicht eine Übernachtung im Eis-Hotel und einen Besuch bei den Sami und ihren Rentieren in Lappland.

Als ich vor 10 Jahren mit dem Mountainbike aus dem Nachtzug in Åre, im mittleren Nordwesten Schwedens ausstieg, sollte dies für mich allerdings der Beginn einer ganz anderen Schweden-Liebe werden. Dort oben in Jämtland findet sich eine einmalige Mischung aus verschiedenen nordischen Kulturen, atemberaubender unberührter Natur und abwechslungsreichen Landschaften.

Das ursprüngliche Jämtland

Mit rund 54.000 Quadratkilometern ist Jämtland die drittgrößte Provinz Schwedens, nimmt etwa 12% der gesamten Fläche des Landes ein – beherbergt aber mit 1,4% den geringsten Anteil der Einwohner des Landes. Ich sage gern, dass genau das einer der Gründe ist, warum ich mich gerade hier am wohlsten fühle: wenige Menschen und viel Natur. Ein schlichtes Konzept, welches mich erdet und der Seele einfach gut tut. 

Und dennoch hält die Region unfassbar viel für kulturinteressierte, abenteuerlustige und naturbegeisterte Skandinavien-Fans bereit.    

Schwedische, norwegische und samische Kultur

Schwedenfans mit einer Vorliebe für Kanelbullar und Elche kommen auch in Jämtland voll auf ihre Kosten.
Zu empfehlen ist hier unbedingt der Besuch von Östersund, der einzigen richtigen Stadt in der Provinz, welche auch uns immer wieder gern auf einen gemütlichen Einkaufsbummel einlädt. In den zahlreichen Läden gibt es unter anderem kleine Schätze und Meisterwerke des lokalen Handwerks, regionale Kunst und einiges an Delikatessen zu entdecken – so natürlich auch die berühmten Kanelbullar, die man unbedingt einmal in einer „Bageri“ und nicht nur an der Back-Theke im Supermarkt kaufen sollte. 

Möchte man mehr über die jämtländische Kultur und ihre Geschichte lernen, empfiehlt sich ein Besuch des Jämtli Freilichtmuseums und hat man den König des Waldes nicht schon während einer Dämmerungsfahrt durch die umliegenden Wälder angetroffen, so kann man ihn im „Moose Garden“ in Orrviken nahe Östersund besuchen. 

Ein Besuch im Nachbarland?

Die Europastraße 14 verbindet Östersund mit Trondheim in Norwegen. Über diese Route lässt sich das skandinavische Nachbarland bei Gelegenheit also gleich ein Stück weit mit erkunden. Und auch wenn hier nicht die mächtigen Fjorde locken – die bergigen Landschaften und die farbenfrohen Fassaden der Dörfer in den Hochlandregionen Norwegens sind allemal ebenso sehenswert.

Weiter südlich verläuft die 84 zwischen Sveg in Schweden und Røros, einem norwegischen Städtchen welches auch Conny und Sirko schon einige Male im Winter besucht haben. Mit seinen malerischen Gassen, seiner sehr lebendigen Kunsthandwerkerszene und seinen gut erhaltenen Denkmälern aus der Zeit des Kupferbergbaus, zählt Røros zurecht zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Jämtland gehört außerdem zum südlichen Teil des Sápmi, des Siedungsgebietes der Samen und beherbergt 12 samische Dörfer. Es muss also tatsächlich nicht unbedingt Lappland sein, wenn man die Sami besuchen, mehr über ihre Kultur erfahren und Rentieren in freier Wildbahn begegnen möchte. Auf der 84 zwischen Hede und Vemdalen haben wir bislang immer Rentiere angetroffen. Und schwingt man sich mit dem Gondellift den Funäsdalsberget hinauf, so kann man dort den „Lopme Laante“ besuchen. Der kleine Sami-Park, mit einer herrlichen Panorama-Aussicht über die jämtländische Bergwelt, präsentiert während der Hauptsaison die samische Kultur mit ihren mystischen Gesängen, Leckereien aus der Region sowie Meisterstücken der traditionellen Handwerkskunst.

Der Sommer in Jämtland – Abenteuer zu Wasser und zu Land 

Der Sommer in Jämtland ist mit bis zu 25°C wärmer, als man denkt. Dank seiner Lage ist das schwedische Hochland wiederum in besonders heißen Sommern meine liebste Zuflucht vor der Hitze, denn in aller Regel hält sich das Thermometer hier unter der 30°-Marke. Die zahlreichen Flüsse und Seen laden im Juli und August zum Baden ein und bieten in den übrigen eisfreien Wochen von Ende Mai bis Ende September gute Möglichkeiten für Kanu- und Angel-Touren. Was man am Gewässer allerdings immer dabeihaben sollte, sofern man sich dort nicht zur Mittagszeit oder bei starkem Wind aufhält, sind Mückenschutzmittel. Von unseren Freunden aus der Region wissen wir, dass die blutsaugenden Plagegeister zu Beginn des Sommers, also im Juni, am stärksten vertreten sind. Für einigermaßen mückenarme Abenteuer am oder im Wasser, ist also der August der beste Monat.

Doch auch zu Land gibt es in Jämtland vieles zu erleben. Die ausgewiesenen Wanderrouten durchs „fjäll“, die Hochlandregion, reichen von der leichten Tagestour für die Familie mit Kindern bis zum mehrtägigen Outdoor-Trip. Auf meiner persönlichen Bucket-Liste steht unter anderem noch ein Besuch des Helags, welcher mit 1 797 Metern der höchste Berg Schwedens südlich des Polarkreises ist und auf dessen Ostseite es ein Gletscher zu bestaunen gibt.

Für eine Wanderung in Jämtlands Wildnis gehören eine gute Vorbereitung und das Hinterlassen einer Tour-Nachricht bei einer lokalen Unterkunft unbedingt zum Plicht-Programm. Nützliche Informationen für die Planung der Wanderroute findet man beim Schwedischen Touristenverband, dem „svenska turistföreningen“ unter: https://www.swedishtouristassociation.com/areas/jamtland-and-harjedalsfjallen/

Natur pur mit einer einzigartigen Tierwelt

Zu einer Entdeckungsreise durch Jämtland gehören natürlich auch die Wildtiere, welche im Sommer besonders aktiv durch die Wälder streifen. Elchen, Füchsen, Lemmingen und einer Vielzahl an Vogelarten sind wir hier schon oft begegnet. Hat man aber auf eigene Faust wenig Glück bei der Safari, so kann man an geführten Touren teilnehmen und dabei dann auch Bieber, Moschusochsen oder sogar den Bären beobachten. 

Ja, den Bären!

Für die Menschen der Region Härjedalen in Jämtland ist der Bär ein respektierter Nachbar, der in aller Regel von selbst einen für beide Seiten gesunden Abstand hält. Erfahrene Guides bieten im Herbst für kleine Gruppen Safaris an, bei welchen man Meister Petz auf seinem Weg zum Winterquartier beobachten kann – natürlich aus angemessener Entfernung und mit dem Fernglas oder durch ein Kameraobjektiv mit passender Brennweite. 

Das beliebteste Winterwunderland der ski-begeisterten Schweden

Nicht umsonst ziert eine Schneeflocke in Herzform das aktuelle Emblem der Stadt Östersund, denn bedingt durch die Höhenlage überzieht der Schnee die Berge, Täler und Dörfer Jämtlands für gut 7 Monate, in der Regel von Oktober bis Mai. Dem entsprechend sind die zahlreichen Pisten und Cross-Country-Strecken ein bevorzugtes Ziel schwedischer Wintersportfans. Nachdem ich zuvor nur den sehr gemäßigten Sommer-Tourismus in Jämtland kannte, fühlte ich mich bei unserer ersten Winterreise von der unerwartet hohen Population in den Geschäften und Feriendörfern schon fast ein wenig überrannt.

Man könnte meinen, ganz Stockholm, Göteborg und Malmö zusammen würden sich im Februar zum „sportlov“, den Sportferien, ausgerechnet nach Åre, Vemdalen, Lofsdalen und Funäsfjällen aufmachen, um dort die Wintersportgebiete zu bevölkern. Möchte man also lieber einen etwas ruhigeren Winterurlaub hier verbringen, empfehle ich unbedingt den Februar und außerdem die beiden Wochen um Ostern zu vermeiden. 

Abseits der Pisten kann man im jämtländischen Winter beim Eisangeln, auf Hundeschlitten-Touren oder mit dem Schneemobil weitere Abenteuer erleben. Um mit dem Schneemobil durch das Hochland düsen zu dürfen, benötigt man in Schweden übrigens einen Führerschein Klasse 3, welcher vor dem Jahr 2000 erworben wurde. Hat man diesen nicht – so wie ich – kann man vor Ort an einem Kurs teilnehmen und nach bestandenem Test den „Förarbevis“ für den „snöskoter“ erhalten. Allerdings bedarf es da eventuell einiger individueller Recherche nach einem passenden Kurs. In Funäsdalen jedenfalls wird dieser nämlich nur auf Schwedisch angeboten. 

Alternativ darf man sich unter Aufsicht eines geschulten Guides auch ohne „Förarbevis“ auf das kraftvolle kleine Kettenfahrzeug setzen und an einer geführten Tour teilnehmen.

Ich bin allerdings froh, inzwischen meinen Schein zu haben, denn vollkommen einsam durch die Weiten des schneebedeckten Fjälls zu düsen, ist schon ein ganz besonderes Erlebnis!

Die Anreise: Viele Wege führen nach Jämtland 

Von Skåne aus brauchen wir mit dem Auto rund 12 Stunden netto, um Jämtland zu erreichen. Als wir noch aus Deutschland anreisten, war ein Übernachtungsstopp in Südschweden stets unumgänglich, da ja zunächst entweder Dänemark oder die Ostsee per Fähre überquert werden mussten. Mein Tipp: die Fahrt wird etwas kurzweiliger, wenn man die Route über Norwegen wählt, da das Nachbarland wesentlicher dichter besiedelt ist, als die endlosen Wälder in den schwedischen Provinzen Värmland und Dalarna. Je nach Zielort biegt man dann einfach auf die 84 oder E14 Richtung Osten ab.

Mit dem Zug oder Bus

Wer mit dem Zug und oder dem Bus anreisen möchte, etwa um sich auf eine längere Wanderung zwischen zwei Stationen zu begeben, der kann den Nachtzug von Stockholm nach Östersund nehmen. Mit den Bussen des Länstrafiken kann man viele Ziele gut erreichen, sollte aber auf mitunter spartanische Fahrpläne gefasst sein. Ganz wichtig: Busse in Schweden nehmen kein Bargeld mehr an. Bezahlen kann man mit der App des Busunternehmens sowie mit einer Kreditkarte (nicht mit der EC-Karte) oder mit einer Bezahlkarte, welche man an einem größeren Busbahnhof erwerben und aufladen kann. 

Wer sein Mountainbike im Bus oder Zug transportieren lassen möchte, sollte sich vorher ganz gezielt über die Optionen auf der gewünschten Route informieren. Wir haben bei unserer Mountainbike-Tour einst eine wahre Odyssee durchlebt, bis wir unsere Bikes schließlich an Bord eines Zuges bekamen. Das Resultat: wir haben die Räder derart demontiert, dass wir sie als Gepäckstücke deklarieren konnten. Ein bisschen mehr Recherche vorab, kann wertvolle Zeit und Nerven sparen.

Mit dem Wohnmobil

Am komfortabelsten ist eine Reise nach und durch Jämtland sicherlich mit einem Wohnmobil, da man völlig frei von Raum und Zeit auch absolut abgelegen Ecken erkunden kann. Neben dem Gipfelsturm zum Helags und der Bärensafari steht eine solche Tour übrigens auch noch auf meiner Bucket-Liste.

Wer sich vor Ort mit einem Mietwagen oder eben per Bus fortbewegen mag, kann natürlich auch per Flugzeug anreisen. Auf der Insel Frösön, gegenüber von Östersund im größten See der Region gelegen, befindet sich der zentralste Flughafen in Jämtland. Darüber hinaus kann man auch über den Flugplatz in Sveg oder über Røros und Trondheim in Norwegen anreisen.

Eine 54.000 Quadratkilometer große Westentasche?

So oft war ich nun schon dort oben. So viel abenteuerliches und schönes habe ich mit meiner Familie in Jämtland erlebt. Vom demontierten Mountainbike in der Duschkabine des Nachtzuges, über verlorengegangene Paddel bei der Kanutour bis zum Festmahl aus selbst gefangenem Fisch, gesammelten Pfifferlingen und über dem Lagerfeuer gebackenen Pfannkuchen mit Blaubeeren…

Und doch wird es mir nicht langweilig, dem Ruf des Abenteuers in die Wildnis Jämtlands zu folgen.

Noch gibt es tatsächlich auch für mich dort noch unbekannte Straßen und Pfade, unentdeckte Gewässer und unbekannte Waldbewohner. Wobei die Wiederkehr an bekannte Orte kaum weniger aufregend ist.

Trotzdem, oder gerade deswegen, fühle ich mich in Jämtland zu Hause. Und wer weiß: vielleicht wagen wir irgendwann ja noch einmal einen großen Schritt und bleiben dann einfach mal da.

Möchtest du gern mehr über mein Leben in Schweden und über meine Reisen durch Skandinavien erfahren?
Dann darf ich dich an dieser Stelle zu einem Besuch auf meinem YouTube-Kanal „Franzi in Schweden“ einladen.

Vi ses och ha det bra så länge!

Literaturtipps für deine Reise nach Schweden

Stellplatzführer ADAC 2023
Schweden mit dem Wohnmobil
DuMont Reiseführer Schweden
Reiseführer Südschweden
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Autor / Autoren:

Autorenbild Franzi in Schweden

Franzi in Schweden

Im Sommer 2016 ist Franzi von Norddeutschland nach Schweden ausgewandert. Seitdem hält sie sich vorzugsweise in den endlosen Wäldern, dem schwedischen Fjäll oder an den einsamen Küsten in Skandinavien auf und berichtet auf ihrem YouTube-Kanal „Franzi in Schweden“ über ihre witzigen und spannenden Abenteuer.

3 Kommentare

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  • Hallo ihr!

    Wunderbarer Beitrag, Wunderbare Seite! Vielen Dank dafür, da bekommt man richtig Laune.
    Davon haben wir auch schon sehr viel – in 2 Wochen geht´s für meine Freundin und mich von Süddeutschland nach Kiruna. Wir wollen von dort aus mit dem Fahrrad bis ans schwarze Meer. In dem Beitrag schreibt ihr, um eine Odysee zu vermeiden, sollte man sorgfältig planen. Wir haben da so unsere Schwierigkeiten – deshalb die Frage an euch – könnt ihr uns eine Strecke/Zugverbindungen empfehlen? Eben mit Fahrradmitnahme… Ihr würdet uns damit sehr weiterhelfen, weil wir fliegen unbedingt verhindern wollen.

    Liebe Grüße

    Nona & Simon

  • Spannender Bericht und macht total Lust, diese Region Schwedens zu entdecken!

    Vielleicht im Sommer ;o)

    Habt ihr konkrete Tipps zum Fischfang in der Region, die mich als passionierten Angler besonders interessieren könnten…?

    Ganz speziell Lachs, Forelle & Saibling sind spannend 🙂

    • Hei Sven,
      vielen Dank für dieses tolle Feedback, welches wir gern in dieser Form so an unsere liebe Gastautorin weitergeben. Da sie inzwischen im schönen Jämtland in Schweden lebt, geben wir auch deine Frage gerne an sie weiter 🙂
      Auf diese Weise wirst du zeitnah sicher tolle Tipps aus erster Hand erhalten.

      Von unserer Seite für heute erst einmal liebe Grüße,
      Conny und Sirko

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